unsere soldaten schützen alle vor dem großen bösen krieg

08Jul10
Various: Die Deutschen kommen (1982)

Various: Die Deutschen kommen (1982)

ich habe ja im letzten post das schöne lied „Soldaten leben länger“ von der Obersten HeeresLeitung erwähnt. das ist für mich nicht nur ausgezeichneter düsterpunk mit einem herrlich zynischen text, sondern gleichzeitig auch das beste beispiel, das die leverkusener um Deutscher W. keine nazi-punks sind.

OHL: „Soldaten leben länger“ (2:19)

hier zum mitschreiben und -singen der vollständige text:

Hör ich die Soldaten singen,
lass ich all mein Spielzeug stehn.
Ich renn auf die Straße nieder,
die Soldaten muss ich sehn.
Fröhlich klingen ihre Lieder,
ich steh stramm und grüße sie.
Und der Hauptmann grüßt mich wieder
vor der ganzen Kompanie.

Unsere Soldaten schützen alle
vor dem großen bösen Krieg,
meinen Vati, meine Mutti,
jedes Haus und die Fabrik.
Auch den Kindergarten
mit dem schönen Teddybär
schützen meine schönen Soldaten
mit dem Gewehr.

Hör ich die Soldaten singen…

Unsere Soldaten schützen alle…

Soldaten leben länger!
Soldaten leben länger!
Soldaten leben länger!
Soldaten leben länger!

neben diesen (und anderen) ganz eindeutig antifaschistischen songs gibt es von OHL natürlich auch „rechte“ stückerl wie „Roter Terror“ und „Kernkraftritter“ („Alternative, langhaarige Sau! Du siehst aus wie deine Frau!“). sänger und kopf Deutscher W. bezeichnete seine politische einstellung ja auch als „radikal-liberalismus“ (womit vermutlich nicht die momentane ersatz-politik der „freien demokraten“ gemeint ist), was natürlich völliger quatsch ist (null mal x bleibt null);  dennoch ist das schöne an OHL, dass sie sich nicht auf irgendeine ideologie festlegen lassen, und dass ihre texte auch heute noch irritieren. ob das ganze nun besonders intelligent gemacht ist oder auch nicht, darüber kann man sich natürlich streiten.

OHL (ca. 1980)

OHL (ca. 1980)

„Soldaten leben länger“ stammt von dem Rock-O-Rama-labelsampler Die Deutschen kommen, auf denen neben OHL auch legenden wie Cotzbrocken, Stoßtrupp, Der Fluch, und Fasaga zu hören sind — während die ersten beiden bands grauenhaft sind, ist Der Fluch zumindest ungewöhnlich; highlight der platte sind aber die heutevöllig unbekannten Fasaga: genial-rotziger straßenpunk, der sich nicht ernst nimmt, muss hier auch noch unbedingt gepostet werden! bandsnamen und plattencover sehen natürlich für anhänger des linksalternativen spektrums beängstigend aus, und sollen es auch sein.

zu beginn seiner illustren karriere war Rock-O-Rama ja noch ein ziemlich normales deutschpunk-plattenlabel von vielen, auf dem u.a. die Razors und Chaos Z ihr debüt hatten. bemerkenswert war das label höchstens durch seinen oft einzigartig schlechten, dürren sound — vor allem der typische, rasenmäherartige gitarrensound sucht seinesgleichen. (bestens dokumentiert auf der ersten ROR-veröffentlichung überhaupt, meine persönliche „schlechteste deutsche punk-single der 1970er“, nämlich die von den Vomit Visions, bei der nur der plattentitel — „Punk Are the Old Farts of Today“ — visionär ist.)

bald jedoch geriet der labeleigner, malermeister Herbert Egoldt in den ruf, die bands auszunehmen — einige bands veröffentlichten in fanzines boykottaufrufe ihrer eigenen platten, da sie sich von ihm betrogen fühlten; und die münsterander punkrocker Äni(x)väx vertonten seine geschäftspraxis in ihrem herrlichen klassiker „Schock und Drama“. Egoldt begann auch bald, meist ohne einverständnis der bands, martialische plattencover mit landser-abbildungen zu verwenden, was dann wohl einige braune schmeißfliegen anzog, was wiederum herrn Egoldt bewog, sein programm um mitte der 1980er auch an dieser klientel auszurichten — neben den Böhsen Onkelz wurden auch englische nazibands wie Skrewdriver veröffentlicht.

diskographien zu Rock-O-Rama gibt’s auf highdive.de und vinylpunx.de; im archiv von moloko plus findet sich eine sehr lesenswerte labelgeschichte.



1 Responses to “unsere soldaten schützen alle vor dem großen bösen krieg”

  1. 1 Stiebel

    … und es war alles noch viel schlimmer!


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